Schenkung und Erbschaftssteuer
Sie können als Steuerpflichtige/r bei Schenkungen und im Erbfall ihren Einspruch gegen den Schenkungsteuer- oder
Erbschaftsteuerbescheid mit der Vorlage eines Wertgutachtens nach § 198 Bewertungsgesetz (BewG) begründen.
Falls mit diesem Wertgutachten nachgewiesen wird, dass der tatsächliche Verkehrswert geringer ist als der Wert,
der sich nach den Vorschriften der §§ 193 ff BewG ergibt. Man spricht von der sogenannten "escape-Klausel".
Ein unabhängiges Wertgutachten nach § 198 BewG erstellt ihnen ein Sachverständiger für die Bewertung von
bebauten und unbebauten Grundstücken.
Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt
Weniger bekannt ist, dass man bei einer Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt durch Vorlage eines
Sachverständigengutachtens das Risiko der Nachversteuerung bei vorzeitigen Versterben des Schenkers verhindern
kann.
Seit der Erbschaftsteuerreform von 2009 kann zur Ermittlung der steuerlichen Bewessungsgrundlage der Wert des
vorbehaltenen Nießbrauchs von dem Steuerwert des geschenkten Grundstücks abgezogen werden.
Steuer ohne Vereinbarung eines Nießbrauchsvorbehalts
Ein Vater schenkt seiner Tochter ein vermietetes Mehrfamilienhaus. Der Ertragswert des Grundstücks beträgt 1,0
Mio €. Ohne Vereinbarung eines Vorbehaltsnießbrauchs würde sich die Schenkungsteuer wie folgt errechnen:
Steuerwert des Grundstücks: 1.000.000 €
Persönl. Freibetrag der Tochter gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG - 600.000 €
Steuerpflichtiger Erwerb = 400.000 €
Versteuert mit dem Steuersatz gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG (15%) 90.000 €
Steuer bei Vereinbarung eines Nießbrauchsvorbehalts
Würde sich der Vater bei der Schenkung den Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten, würde der Wert des
Nießbrauchs von dem Steuerwert des Grundstücks abgezogen.
Die Ermittlung der steuerlichen Bemessungsgrundlage durch die Finanzverwaltung erfolgt bei einer Schenkung
unter Nießbrauchsvorbehalt nach der Bruttomethode. Dabei wird zunächst der Steuerwert des Grundstücks ohne
Berücksichtigung des Nießbrauchswerts nach den Vorschriften der §§ 180 ff BewG ermittelt. Anschließend wird der
Kapitalwert des Nießbrauchsrechts nach den §§ 14 ff BewG ermittelt und von dem zuvor ermittelten
Immobilienwert abgezogen. das Ergebnis stellt den Wert der Nießbrauchsbelasteten Immobilie dar.
Steuerwert des Grundstücks: 1.000.000 €
Kapitalwert des Nießbrauchs - 522.350 €
Zwischensumme = 477.650 €
Persönl. Freibetrag der Tochter gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG - 400.000 €
Steuerpflichtiger Erwerb = 77.650 €
Versteuert mit dem Steuersatz gemäß § 19 Abs. 1 ErbStG (11%) 8.541 €
Nachversteuerungsrisiko
Wenn der Schenker verstirbt, erlischt dadurch das Nießbrauchsrecht. Die dadurch bewirkte Wertsteigerung des
Vermögens des beschenkten bleibt aber steuerfrei, weil sie keine Zuwendung im Sinne des Erbschafts- und
Schenkungssteuerrechts darstellt, sondern lediglich einen sogenannten "Rechtsreflex".
Jedoch die Steuer bei einer Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt ist noch nicht endgültig. Wenn der Schenker
"vorzeitig" innerhalb einer vom Gesetz bestimmten Frist nach der Schenkung verstirbt, wird der
Schenkungsteuerbescheid geändert und das Nießbrauchsrecht nur mit dem Wert abgezogen, der sich aus seiner
tatsächlichen Dauer ergibt.
Vermeidung der Nachversteuerung
Diese Nachversteuerung kann die Tochter jedoch vermeiden, indem sie bei Abgabe der Schenkungssteuererklärung
oder im Rahmen eines Einspruchs gegen den Schenkungssteuerbescheid den Verkehrswert des Grundstücks durch
Vorlage eines Sachverständigengutachten nachweist, in dem der Sachverständige den Verkehrswert des
Grundstücks nach der Nettomethode berechnet.
Die Anwendung dieser Methode sollte jedoch zuvor gründlich mit dem Steuerberater besprochen werden, denn
unter Umständen fällt eine höhere Schenkungssteuer an, als dies bei der Anwendung der Bruttomethode der Fall
wäre.
Quelle: AIZ das Immobilienmagazin 09/2013, Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt von Hans-Joachim Beck, Leiter der IVD-
Steuerabteilung